KI simuliert Gletschermodellierung in den Alpen präzise

Forscher unter der Leitung der Universität Lausanne haben mithilfe künstlicher Intelligenz ein hochpräzises Modell der letzten Alpenvereisung erstellt, das neue Perspektiven auf die Eisbedeckung und ihre Auswirkungen auf die Landschaft bietet.

In einem außergewöhnlichen wissenschaftlichen Durchbruch haben Forscher unter der Leitung der Universität Lausanne (UNIL) künstliche Intelligenz genutzt, um die computergestützte Modellierung der Gletscherdynamik deutlich zu beschleunigen. Unter Anwendung modernster KI-Techniken simulierte das Team erfolgreich die Eisbedeckung der Alpen während der letzten Eiszeit und enthüllte, dass frühere Modelle die Eisdicke um 35-50 % überschätzt hatten.

Ihre Erkenntnisse, nun veröffentlicht in Nature Communications, zeigen eine beispiellose Genauigkeit, die den im Feld gefundenen physikalischen Spuren sehr nahe kommt.

Seit fast 15 Jahren werden digitale 3D-Modelle verwendet, um die Eisbedeckung der Alpen vor rund 25,000 Jahren zu rekonstruieren. Allerdings wurden diese Modelle aufgrund von Diskrepanzen zwischen Simulationen und physischen Beweisen wie Erosionslinien und Moränen einer wissenschaftlichen Prüfung unterzogen.

Das neue KI-gestützte Modell behebt diese Inkonsistenzen und bietet eine höhere Genauigkeit gegenüber den tatsächlichen Felddaten.

„Durch den Einsatz neuester Technologie und deren Anwendung auf die letzte große Vereisung in den Alpen können wir eine 17,000 Jahre alte Simulation mit sehr hoher Auflösung (300 m) in 2.5 Tagen fertigstellen. Mit herkömmlichen Methoden, die zudem extrem teuer und energieintensiv sind, hätte die Berechnung einer solchen räumlichen Auflösung 2.5 Jahre gedauert“, sagte Erstautorin Tancrède Leger, eine leitende FNS-Forscherin an der Fakultät für Geowissenschaften und Umwelt (FGSE) der UNIL, in einem Pressemitteilung.

Das Forschungsteam verwendete Deep-Learning-Methoden, um dem Modell die komplizierte Physik des Eisflusses beizubringen, und ergänzte es mit Klimadaten aus der Zeit, um die natürliche Eisversorgung und Schmelzprozesse nachzubilden. Dieser KI-gesteuerte Ansatz steigert die Rechenleistung erheblich, indem er Grafikprozessoren (GPUs) anstelle herkömmlicher Zentralprozessoren (CPUs) verwendet.

„Es ist, als hätten wir früher sechs Ferraris zur Verfügung gehabt und jetzt 10,000 Kleinwagen. Wir sind von sehr großen Maschinenclustern zu einer einfachen 30-cm-Grafikkarte übergegangen“, ergänzte Co-Erstautor Guillaume Jouvet, ein FGSE-Professor. „Wir machen nichts Neues, aber wir machen es tausendmal schneller, wodurch es möglich wird, Auflösungen zu erreichen, die vorher nicht einmal in Betracht gezogen wurden.“

Diese Innovation ist aus mehreren Gründen bedeutsam. Das Verständnis der Gletschergeschichte ist entscheidend für das Verständnis der Umweltkräfte, die unseren Planeten geformt haben. Mit dem neuen Modell können Wissenschaftler Naturphänomene wie die Gletschererosion besser untersuchen, die die Topographie der Alpen und anderer Landschaften auf der ganzen Welt entscheidend beeinflusst hat.

Darüber hinaus eröffnet dieser KI-gestützte Modellierungsansatz neue Möglichkeiten in der Klimaforschung. Er ermöglicht nicht nur genauere Rekonstruktionen vergangener Vereisungen, sondern ebnet auch den Weg für künftige Studien über die Auswirkungen des anhaltenden Gletscherschwunds. Ein neues, vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) finanziertes Projekt zielt darauf ab, diese revolutionäre Methode anzuwenden, um die Folgen des Abschmelzens der Eisschilde in Grönland und der Antarktis für den globalen Meeresspiegel vorherzusagen.

Die Fähigkeit, Simulationen eng mit empirischen Felddaten abzustimmen, markiert eine neue Ära in der Gletscherforschung und Umweltwissenschaft und bietet ein unschätzbar wertvolles Instrument zur Entschlüsselung der komplexen Klimageschichte der Erde.